Der Poppele
kegelt
Jeden Sonntag, nachts 12 Uhr, trifft sich der Poppele mit vielen
Rittern in einem der unterirdischen Gewölbe der Ruine Hohenkrähen, um dort
zu kegeln. Auch während des Sonntagsgottesdienstes will man den Burggeist
schon beim Kegelspiel gesehen haben.
So kamen an einem Sonntagmorgen zwei Handwerksburschen auf den Krähen
und waren nicht wenig erstaunt, als sie im Burggarten den Poppele sahen,
wie er für sich allein immer wieder versuchte, die aufgesetzten Kegel zu
treffen. Als der Burggeist die Burschen sah, lud er sie ein, mit ihm ein
Spielchen zu machen.
Die beiden ließen sich nicht lange bitten, glaubten sie doch, es ohne
weiteres mit einem so schlechten Kegler aufnehmen zu können. Und anfangs
gewannen sie denn auch ein paar Gulden, dann aber schob der Poppele ein
paar Mal hintereinander alle Neune, so dass den Burschen Hören und Sehen
verging und sie im Nu nicht nur ihren Gewinn, sondern obendrein auch das
bisschen Reisegeld bis auf den letzten Kreuzer los waren. So zogen sie
denn schließlich betrübt von dannen.
Als nach einer kleinen Weile der eine von den beiden in seinem
Felleisen nach einem Stock Brot suchte, fühlte er plötzlich eine
Kegelkugel zwischen den Fingern. Da hat sich mein Kamerad einen schlechten
Scherz erlaubt, dachte er und warf, um nicht zum Schaden auch noch den
Spott zu haben, die Kugel heimlich fort. Vor dem Dorfe Mühlhausen nahm
auch der andere seinen Ranzen ab und war nicht wenig erstaunt, als er
darin zuoberst einen Kegel fand, der ganz aus funkelndem Golde war. Hei,
wie die beiden sich über den Fund freuten! Gleich sollte der Kegel zu Geld
gemacht werden. Aber niemand im Dorf konnte eine solche Kostbarkeit
bezahlen. Endlich ließ sich der reichste Bauer im Ort ein Stück von dem
Kegel absägen und legte dafür 2000 Gulden auf den Tisch. Jetzt ging auch
dem anderen Gesellen ein Licht auf. Er rannte flugs zurück, um nach der
weggeworfenen Kegelkugel zu suchen. Aber sie war spurlos verschwunden. Die
Burschen zogen nun weiter nach Schaffhausen, wo man ihnen den Rest des
Kegels für ein ganzes Vermögen abkaufte.