Warum Popolius als Geist umgehen
muss?
Der Vogt auf Krähen, Popolius Mayer, war klepperdürr wie ein Rebstecken
und ein böser Raufbold und Leuteschinder obendrein. Wehe dem, der mit ihm
anbandelte; er wurde kurzerhand aus dem Wege geschafft oder musste
jahrelang in den düsteren Kerkern der Burg schmachten. So klang immerfort
Jammern und Wehklagen durch die Verließe, deren meterdicke Mauern keinen
Laut nach außen dringen ließen. Und doch wusste man im ganzen Land von den
Greueltaten des Burgvogts. Kein Wunder, dass sich eines Tages der Abt
eines schwäbischen Klosters aufmachte, um da oben auf der Burg nach dem
Rechten zu sehen. Nur widerwillig ließ Popolius den unerwünschten Gast
ein. Als dieser den Burgvogt wegen seiner Untaten zur Rede stellte, lud
dieser ihn mit bösen Lächeln ein, die Verließe doch selber zu besichtigen
und zu schauen, ob es da unten wirklich so schrecklich sei. Nur mit Mühe
und Not konnte der wohlbeleibte Abt die steile Felsentreppe
hinuntersteigen. Als er schwer atmend beim untersten Kerkerloch angekommen
war, schob ihn der Burgvogt kurzerhand in das modrige Dunkel hinein und
schlug krachend die eisenbeschlagene Tür hinter ihm zu. Hier sollte der
Abt bleiben, bis er bei Wasser und Brot so zusammengeschmolzen wäre, dass
man ihn durch ein Nadelöhr ziehen könne. Sieben Jahre und 40 Tage
schmachtete er nun, ehe ihn der Vogt wieder frei ließ.
In seinem Kloster angelangt, sann der Abt unermüdlich auf Rache.
Endlich entdeckte er in der Bibliothek des Klosters einen längst
vergessenen Folianten, ein Zauberbuch, das die wirksamsten Flüche
enthielt. Begleitet von geheimnisvollen Zeremonien verfluchte der
Ergrimmte also seinen Peiniger: „Wenn deine Burg zerstört ist und von ihr
nur noch Ruinen zum Himmel aufragen, sollst du siebenmal 40 Jahre ruhelos
zwischen den öden Mauern hausen, rastlos den Hegau durchstreifen und als
Kobold die Menschen necken, auf dass sie dir stets aufs neue fluchen!”
Diese Verwünschung war so kräftig, dass der Vogt alsbald vom Pferd
stürzte und das Genick brach. Seitdem muss der Poppele sogar noch über die
vorbestimmte Zeit hinaus als Geist umgehen.