Der Poppele und das Eierwieb
Drückende Hitze brütete über dem Hegau, als die Eierfrau von
Rielasingen mit der schweren Krätze auf dem Rücken nach Engen zum Markt
wanderte.
Die war nicht gerade die Jüngste mehr, und wenn man selber fast
zwei Zentner wiegt, dann drückt solch ein Korb, der bis oben hin mit
Eiern vollgepackt ist, doppelt schwer. So war die Frau froh, als sie am
Fuße des Hohenkrähen einen Baumstumpf am Wegrand erblickte, der im
Schatten eines Felsens dastand, als habe er nur auf sie gewartet. Sie
würde schon noch recht auf den Markt kommen, sagte sich die Alte. Und
während sie erwog, wie viel sie wohl für die Eier lösen würde, ließ
sie sich, ohne den Korb abzusetzen, keuchend und den Schweiß von der
Stirn wischend auf dem Baumstumpf nieder.
Aber was war das? Kaum hatte sie sich hingesetzt, schien es, als zöge
ihr jemand den bequemen Sitz einfach unter dem wohlgepolsterten Hinterteil
weg. Und schon lag sie im Gras und streckte die rotbestrümpften Beine gen
Himmel. Mochte der Rücken von dem unsanften Sturz auch schmerzen, viel
schlimmer war, dass die Eier aus der Krätze herausgekullert waren und
weitverstreut herumlagen.
„Die schönen Eier!“ entfuhr es der Bäuerin, als sie daran dachte,
dass der ganze erhoffte Gewinn dahin war und sie zum Schaden schließlich
noch den Spott haben sollte, wenn ihr Missgeschick bekannt wurde.
Vorsichtig hob sie eines der Eier auf und staunte nicht wenig, dass es
nicht den kleinsten Sprung hatte. Hastig griff sie nach dem nächsten;
auch dieses war unversehrt. Während sie Ei um Ei einsammelte und es nicht
fassen konnte, dass eines so unbeschädigt wie das andere war, hörte sie
plötzlich im nahen Gebüsch ein leises Kichern.
Jetzt wusste sie auf einmal, dass der Poppele, der nicht schaden,
sondern nur necken wollte, sich in den Baumstumpf verwandelt und sie so
zum Besten gehalten hatte.